Stille Menschen und Aufmerksamkeit

„Künstler sind schräg, laut, extravertiert und durchgeknallt“
                     Wie viel Pfau muss ein Künstler sein?

Diese Frage hat sich vor kurzem aufgetan und sie hat mich sofort beschäftigt. Pfauen schillern und bekommen dadurch Aufmerksamkeit. Mir stellt sich daher die Frage:

Muss ICH als Künstler immer „schillern“ und auffallen?
Auch wenn das so gar nicht mein Ding ist?

Der Glaubenssatz „Künstler sind schräg, laut, extravertiert und durchgeknallt“ sitzt auch in mir ein bisschen oder vielleicht auch viel mehr als mir bewusst ist. Ich bin das nämlich nicht. Möglicherweise etwas „durchgeknallt“, aber sicher nicht laut und extrovertiert.

Ich habe mich daran gewöhnt in einem gewissen Fokus zu sein und vor Menschen zu sprechen, aber vom Wesen her fühle ich mich im Hintergrund wohler. Erste Reihe muss nicht unbedingt sein, auch wenn ich ausprobiert habe, dass ich das kann und auch erfolgreich gemacht habe.

Passen INTROVERTIERT und SCHILLERN zusammen oder schließen sie sich aus?

Das bringt mich zu einer weiteren Frage:
Kann man seine Grundprägung komplett verändern?
Gibt es das überhaupt oder haben uns Erlebnisse als (sehr kleine) Kinder zum stillen Menschen gemacht?

Die Ruhige und in der Gruppe komplett unsichtbar zu sein, war vor allem in der Schule meine Rolle. Immer bedacht die Lage zu sondieren und falls für mich notwendig, die Schotten hochzufahren. Meine Empathiefähigkeit war und ist sehr hoch. Ich fühlte und spürte vieles das „in der Luft lag“ und es machte mir zu schaffen. Größere Gruppen waren mir ein Gräuel. Zu viel Nähe machte mich nervös und im Fokus zu stehen war mir sehr unangenehm.

Wenn es sein musste, lieferte ich aber gute Leistungen. Es wirkte sogar nach außen mit der Zeit sicher und klar, obwohl ich innerlich fast tausend Tode gestorben bin. Ich perfektionierte meine Selbstbeherrschung. Das ließ mich zwar über so einige Abgründe springen und ich merkte, was ich alles schaffen konnte. Auf der anderen Seite kapselte ich meine Eigenwahrnehmung total ab, ignorierte meine Gefühle bis zu einem gewissen Punkt und  war in Bezug auf mich selbst lange unsicher.

Was fühle ICH? Was will ICH?
Ich hatte immer das Gefühl, dass ich besser wusste, was die anderen fühlten und spürten.

Ich war sehr umgänglich und brav, bis zu einem gewissen Punkt. Ich nenne ihn den Punkt der Selbsterhaltung. Der war zwar nicht so schnell erreicht, aber es gab und gibt ihn. Wenn etwas total gegen mein inneres Bauchgefühle ging, dann wurde ich „bockig“ und verweigerte. Heute kann ich auch NEIN sagen.

Das Leben ging sonderbare Wege oder besser gesagt: es sollte wohl so sein. In kürzester Zeit wurde ich Mutter, Ehefrau, Studentin und dann Lehrerin. ICH? Ausgerechnet ich! Da steht man im Fokus und das mitten in einem „Menschenhaufen“.  Unglaublich!   Ich, Sigrid die Stille.

Ich habe unglaublich viel gelernt in diesen 16 Jahren! Auch meine Kinder waren besondere Lehrmeister. Ich habe viele Fähigkeiten und Stärken in mir entdeckt! Ich habe viele wunderbare Menschen getroffen und wertvolle Freundschaften geschlossen. Ich kann nur danke sagen!

Pfau sein und Aufmerksamkeit bekommen, war mir noch nie wichtig!

Ich bekam sie aber immer wieder in meinem Leben, auch unerwünscht (Haarausfall und Glatze – siehe Blog). Inzwischen kann ich  mit Aufmersamkeit besser umgehen, auch wenn es mich nach wie vor nicht nach vorne drängt.

Es drängt mich nur, meine BILDER zu malen.

Manchmal braucht es radikale Veränderungen. Jetzt bin ich „Künstlerin“ (der Begriff fühlt sich für mich komisch an – Sigrid die Malerin gefällt mir besser) und soll also schillern?

Inzwischen glaube ich, dass es mindestens genau so viel introvertiert kreative Menschen gibt als extravertierte. Auffallen tun natürlich die anderen mehr.

Aber braucht es das Pfau-sein wirklich als Künstler und Künstlerin?

Ich denke, es braucht natürlich Aufmerksamkeit und PRÄSENZ.


JA – ich will das meine Werke gesehen werden.

Und diese sind natürlich mit mir verbunden. Menschen kaufen Kunstwerke auch aufgrund der persönlichen Sympathie  zu einem Künstler. Ich kann mich also nicht ganz rausnehmen. Der Begriff „präsent sein“ ist mir irgendwie sympathischer als das “Pfau sein”. Der spürt sich stimmiger an für mich als schillern.

Ich stehe zu meinen Werken und bin überzeugt, dass es auch eine stille Präsenz gibt, die nicht schillern muss. Sie ist trotzdem stark und authentisch zu spüren. Bahnt sich möglicherweise länger seinen Weg, bis sie in Erscheinung tritt. Dafür steht sie auf guten Wurzeln und verschwindet nicht so schnell wieder. Ich glaube, präsent ist man eines Tages oder eben nicht. Das kann man sich nicht wirklich vornehmen, das entwickelt sich und kommt zum Vorschein.  Man hat das vielleicht immer schon in sich getragen.

Wenn man still ist, wird das oft mit Passivität gleichgesetzt und mit Schwäche. Das kann man so nicht verallgemeinern. Ich bin überzeugt: Es gibt eine große KRAFT, die aus der STILLE entsteht. Tiefe Gefühle können gespürt werden und sehr feine Schwingungen wahrgenommen. Die Stillen können meist auch gut in sich selbst hineinhorchen und sind ganz gern mal alleine, aber nicht einsam. Man kann auch in der Stille verloren gehen und den Weg nicht mehr zurückfinden. Da muss ich gut aufpassen!

Es hat Jahrzehnte gedauert, dass ich das STILLSEIN nicht als Makel, sondern als besondere QUALITÄT empfinde und  mein Wesen annehmen kann.  Ich denke schon, dass es ein Grundzug von mir ist, der durch Kindheitsgeschichten wahrscheinlich noch verstärkt wurde.

Ganz ehrlich: es macht mir schon noch etwas Kopfzerbrechen, wie ICH das denn als Künstlerin so schaffen soll. Auf der einen Seite will ich gesehen werden, auf der anderen auch wieder nicht. Es ist schon ein ziemlicher Spagat, das kann ich euch sagen. AUTHENTISCH sein ist für mich vor allem wichtig!

Meine Bilder haben einen AUFTRAG und eine BOTSCHAFT. Das ist so brennend in mir, dass ich immer wieder meine Grenzen erweitere und neues wage. Ich lass mich nicht gern fotografieren und habe trotzdem begonnen Videos zu machen. Eine große Überwindung für mich, aber es ist auch eine spannende und ehrlich Auseinandersetzung mit mir selbst. Wie nehme ich mich wahr? Was mag ich an mir, was nicht? Wie gehe ich damit um? Was ist meine Botschaft an euch?

Teils auch ungeschminkt  und nicht „gehübscht“ in meinen Arbeitsklamotten. Auch das bin ich. Inzwischen mag ich sogar manchmal schillern und habe Spaß dran. Es gibt „Schillertage“ und auch andere, aber da filme ich halt nicht.

Jeder darf SCHILLERN und PFAU sein, soviel er eben mag!
PRÄSENT SEIN und STILLE schließen sich für mich nicht aus.

Mehr Videos von mir findest du auf meiner Homepage
info@gosis.at/VIDEOS  und auf Youtube.

Viele bunte Grüße,

13 Antworten auf „Stille Menschen und Aufmerksamkeit“

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