Was soll das?
Es war ungefähr März/April 2014. Das Loch wurde immer größer. Anfangs bemerkte man es nicht, weil Haare drüber fielen. Es wurde so groß, dass es bis zum Haaransatz reichte. Rundherum kamen noch mehr dazu. Größere und kleinere Stellen ohne Haare. Ich konnte es nicht fassen. Diesmal zog es mir fast mehr den Boden unter den Füßen weg, als beim ersten Mal. Ich dachte, ich habe schon genug Ursachen-Arbeit gemacht.
Warum ???
Habe ich noch zu wenig verändert?
Im Mai schaute es so schlimm aus auf meinem Kopf, dass ich mich wieder von den kläglichen Resten trennte. Diesmal rasierte ich sie mir selbst ab. Mit Tränen und Wut und Trauer und Unverständnis in mir. Am liebsten hätte ich mich wo verkrochen! Aber der Alltag ging weiter. Ich kann doch nicht einfach, nicht in die Schule gehen? Ich bin doch nicht krank!
“Nein, ich gehe nicht in Krankenstand, ich verändere etwas. Ich wechsle die Schule.” Ich wollte ohnehin schon länger weg! 14 Jahre an ein und derselben Schule. Das macht zwar sehr vertraut, aber auch etwas eng. Ich hatte alles optimiert und ausprobiert. Ich wollte weg. Von außen betrachtet, war es wohl schwer zu verstehen. Meine Kolleginnen und Freundinnen haben alles gut übernommen und sind auch heute noch an dieser Schule. Sie ist etwas Besonderes und die Kinder bekommen auch etwas Besonderes. Klein, fein und individuell! Ich hoffe, dass wird geschätzt! Es ist nicht selbstverständlich!
Auch wenn alles im Außen so fein aussah: Im Juli stellte ich trotzdem einen Antrag auf Schulwechsel beim Bezirksschulrat. Dieser wurde relativ schnell genehmigt.
Ich lernte im Juli auch einen Arzt kennen, der alternativmedizinisch arbeitete. Die Dunkelfeldanalyse meines Blutes war wirklich nicht gut und er testete auch eine schwere Quecksilberbelastung aus. 2009 hatte ich meine ganzen alten Plomben ausgetauscht … konnte das sein?
Ich stellte meine ganze Ernährung um, entgiftete meinen Körper über Monate und arbeitete auch familien- und vergangenheitsbezogen weiter.
Im Herbst 2014 war ich an einer neuen Schule. Der Wechsel brachte ganz schön viel Arbeit mit sich, weil sich in 14 Jahren ziemlich viele Materialien ansammelten. Auf jeden Fall waren es ein kleiner Lieferwagen und ein Kombi voller Sachen! Unglaublich!
Ich hatte dann eine ziemlich große Klasse. Nicht ganz einfach und anspruchsvoll. Es lief trotzdem gut, besser als ich dachte. Tolle Leitung und tolles Kollegium. Anstrengend, aber trotzdem ein schönes Arbeiten. Die Haare wuchsen nicht so richtig. Teile blieben kahl. Diese konnte ich aber mit einem Haarband/Stirnband/Tuch abdecken. Wer es nicht wusste, dachte, dass das ein modisches Accessoire war. Ich machte über Monate sehr konsequent alle möglichen Übungen. Täglich. Ich aß fleischlos, weitgehend weizenlos, viel Gemüse, keine Süßigkeiten, kein Alkohol… es fiel mir aber fast leicht. Das Dunkelfeldbild war so schockierend, dass mir die Lust auf Essen fast ganz vergangen ist. Es wurde Weihnachten, das neue Jahr 2015 begann…
… und die Haare wuchsen und wuchsen nicht richtig nach. Es war zum Verzweifeln. Was soll ich den noch alles machen? Alles kostete mich immer mehr Kraft. Auch in der Schule. Ich kann nicht mehr sagen, wann es begonnen hat unrund zu werden. Ich weiß noch, dass ich im Oktober/ November dachte, dass es eh gut läuft. So nach und nach begann ich mich nach dem Unterricht nach Hause zu flüchten. Ich war so müde. Ich musste mich hinlegen. Ein halbe Stunde Pause … dachte ich … schlief oft ein und wurde drei Stunde später munter. Um den Alltag zu schaffen und meine Erschöpfung möglichst zu verstecken, brauchte ich viel Kraft (wird mir gerade klar). Ich spürte, dass es so nicht weitergehen konnte, schaffte es aber nicht zu sagen, geschweige denn zum Arzt zu gehen.
Ich kopierte oft für Wochen im Voraus meine Unterlagen, bereitete alles akribisch vor für alle Fälle… ich hatte viele tolle Gespräche mit meiner Chefin. Zum Unterricht, zur Pädagogik, zum Schulsystem. Ich fühlte mich trotzdem immer leerer. Wie ein Hülle die noch funktionierte. Die es schaffte trotz allem guten Unterricht zu gestalten. Es ist unglaublich, wie lange man durchhält oder glaubt durchhalten zu müssen!
In der Früh beim Aufwachen, waren meine ersten Gedanke. “Nein – ich will nicht. Ich kann nicht mehr. Ich möchte nicht. Ich will ganz was anderes. Warum bin ich noch hier?” Beim Eintreten durch die Schultür hatte sich dann ein Schalter umgelegt und die “Frau Lehrerin” wurde eingeschaltet. “So schlimm war es doch nicht oder? Ich kann das doch so gut.” , waren meine Gedanken am Vormittag. Nach dem Unterricht beim Heimfahren: ” Ich halte es nicht mehr aus. Alles ist falsch. Ich kann nicht mehr!”
Zu Hause dann große Müdigkeit. Immer mehr ging mir der Sinn meines Tuns verloren. Ich habe heute noch große Widerstände in mir, wenn ich daran denke, in eine Klasse zu gehen, Arbeitblätter zu kopieren, Hausübungen einzusammeln…. da sträubt sich alles in mir und ich bekomme ziemlich Herzklopfen… würde am liebsten davon laufen … laut schreien… oder versteinern…
Ich erfüllte alle Erwartungen, welche andere an mich stellten und vor allem ich an mich selbst! Es wurde Jänner, Februar, März, April. Die Wochenden brauchte ich zum Erholen. Der Gedanke an Montagmorgen war schwer. Ich wurde immer verzweifelter. Ich versuchte meine Gefühlslagen schriftlich auszudrücken. So manches Mail erreichte meinen Mann. Dieser sagte schon im Jänner: “Gehe endlich zu unserem Hausarzt und rede mit ihm!”
“NEIN! Nein, ich kann doch nicht einfach nicht arbeiten gehen!” Die Kinder, die Eltern, meine Kolleginnen…
Meine nicht wachsenden Haare kamen noch dazu. Ich hatte schön langsam wirklich keine Kraft mehr – wenn ich das jetzt so aufschreibe, wundert es mich nicht mehr …
Ich brauchte drei Versuche zum Arzt zu gehen! Nach den Osterferien war ein Punkt erreicht, wo ich wusste: Jetzt ist Schluss! Ich konnte am nächsten Tag nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts. Ich wusste, dass ich keine Kraft mehr hatte eine ganz Klasse von Kindern anzuleiten und für sie da zu sein. Ich hatte keine Kraft und Geduld . Alles schien aufgebraucht zu sein.
So saß ich endlich bei meinem Arzt (der mich sonst eher selten zu Gesicht bekommt) und wusste nicht recht, was ich sagen sollte. “Ich kann morgen nicht in die Schule gehen. Ich verstehe es auch nicht. Ich weiß nur – ich kann nicht mehr!” So oder ähnlich stammelte ich und genierte mich ziemlich! Ich dachte nicht sehr gut über mich in diesem Moment und hatte es auch oft in der Vergangheit nicht getan. Fand ich mich je gut genug für etwas ?
Ich informierte meine Chefin. Die hat das schon kommen sehen. Unsere Gespräche haben anscheinend einen etwas eigenen “Touch” mit der Zeit angenommen. Ich hätte alle Freiheiten gehabt umzugestalten, aber ich konnte und wollte nicht mehr. Immer die Frage in mir: “Wozu der Aufwand? Es ist doch sinnlos! ” Ich habe schon so viel Aufwand, Liebe und auch Geld in meinen Unterricht und meine Klassen gesteckt! ”
Alles wurde wieder ärztlich angeschaut und wieder nichts gefunden. Doch hauptsächlich die Psyche? Stress. Innerer Zwiespalt über Jahre. Aufrechterhalten eines Scheins. Körperliche Aspekte kamen dazu. Was war zuerst, die Henne oder das Ei?
Ich war dann ungefähr vier Monate im Krankenstand. Der erste Tag zu Hause war, als ob eine schwere Eisentür hinter mir zufällt. Konnte ich sie je wieder öffnen? Wollte ich das überhaupt? Zuallererst war ich nur erleichtert, nicht in die Schule zu müssen. Fürs Erste – dachte ich noch. Mal sehen, wie es weitergeht. Fürs Erste … bin ich mal gerettet!
Ich hatte meinen Garten. Ich pflanzte, grub und schnitt Stunden am Tag in meinem Garten herum. Es tat gut in der Erde zu arbeiten und in der Hängematte zu liegen. Ich liebe meine Hängematte und mein Grünzeug!
Ich malte und schrieb. War glücklich und dankbar, dass ich das machen konnte und durfte. So fühle ich mich auch heute noch, wenn ich in meinem kleinen Atelierzimmer stehe. So ganz ich selbst. Wie wenn alle Teile von mir zusammengefügt sind. Alles ist klar und ich bin voller Vertrauen. Einfach ganz sein. Kennt ihr das?
Natürlich holte ich mir auch noch professionelle Unterstützung. Weil meine Gefühlswahrnehmung war ziemlich durcheinander geraten. Konnte ich mir selbst und meinen Gefühlen noch trauen?
Erst nach und nach erkannte ich, was ich die letzten Jahre (Jahrzehnte) geleistet hatte. Schule, Familie, Partnerschaft, Ausbildungen, Lernen, Schulleitung, Malen, Schreiben, Haus, Garten…
Der Stillstand, die Auszeit durfte/musste sein!
Ich war auf dem besten Weg, mir sonst meinen Energiespeicher bis aufs Letzte zu entleeren. Auch die Reserven waren damals schon angegriffen.
Ich habe mich im Juli selbst gesund gemeldet (mein Arzt war auf Urlaub), weil ich beschlossen hatte in Bildungskarenz zu gehen, statt im Krankenstand zu bleiben. Mit September 2015 ging ich dann in Bildungskarenz und machte meine KTC Ausbildung bei Jürgen. Diese Zeit mit dieser Gruppe an Menschen, war und bleibt sehr wichtig für mich. Ich habe vieles über mich, meine Gedanken und Gefühle gelernt. Außerdem, dass ich diese Coachingarbeit auch machen möchte und sie heute anbiete. Danke euch allen für diese besondere Zeit!
Der Tandem-Fallschirmsprung zum Thema Vertrauen war genial schön! Danke Jürgen für diese Möglichkeit. Auch die Wanderung des Johannes-Weges mit dem Großteil der Ausbildungs-Gruppe war ein Erlebnis. Sehr schöne Erinnerungen, Anker der Freude! Ein Über-die -Grenzen-gehen und schaffen. Vertrauen – Mut – Begeisterung!
Die Haare sind schlussendlich wieder gewachsen. Zwei kleine Stellen, gibt es noch, die etwas spärlich bewachsen sind. Die fallen aber nicht auf. Ich bin sicher, diese schließen sich auch noch. Momentan sehe ich sie als Erinnerungs-Knöpfe: “Ruhe dich nicht auf deinen Lorbeeren aus. Sei stolz auf das, was du geschafft hast, aber gehe weiter! Mit wohverdienten Pausen und achtsam, aber bleibe in Bewegung. ”
Kommt man jemals an? Bin ich schon angekommen? Momentan fühlt es sich ziemlich gut an auf meinem Weg! Das Leben ist Veränderung: Der Weg ist wohl doch das Ziel. Zu viel Grübeln, macht meist keine Lösung, sondern einen schweren Kopf! Jeden Tag sehe ich als neue Chance Entscheidungen treffen zu können und Menschen zu begegnen, welche mich ein Stück des Weges begleiten und ich sie.
Ich danke meinen Haaren, dass sie für mich entgiftet haben. Schlechtes aus Körper, Geist und Seele. In der Zeit der Ruhe, kommt oft vieles zum Vorschein, weil es vorher keiner gesehen und gehört hätte. Ein mehr oder weniger großer Schubs, um Veränderungen in Angriff zu nehmen.
Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum!
Ich danke meinem Mann, der immer zu mir gestanden ist und mich unterstützt hat und es immer noch tut. Für den es keine Sekunde ein Problem gewesen wäre, eine Frau mit Glatze zu haben. Ich LIEBE dich!
Entschuldigt die Qualität der Fotos. Sie dienten mir bis jetzt nur als persönliche Doku und zum Vergleichen, ob sich was verändert hat. So war ich gezwungen der Realität ins Auge zu schauen und zu handeln.